Arbeitgeber sind regelmäßig mit dem Problem konfrontiert, wie sie Kündigungen an Arbeitnehmer fristgerecht zustellen und dies vor allem im Streitfall darlegen und beweisen können. Der Zeitpunkt der Zustellung hat eine erhebliche Bedeutung für die Parteien. Der Arbeitgeber hat Kündigungsfristen zu wahren, sodass bei nicht rechtzeitiger Zustellung – je nach arbeitsvertraglicher Regelung – eine Lohnfortzahlungspflicht über Wochen oder sogar Monate – bei Beendigungszeitpunkten zum Quartalsende – anfallen können. Für den Arbeitnehmer kann der Zustellungszeitpunkt existentielle Wirkung entfalten, da er binnen drei Wochen ab Zustellung Kündigungsschutzklage erheben muss, wenn er die Wirksamkeit der Kündigung zur arbeitsgerichtlichen Prüfung stellen möchte.

Gegenstand der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.03.2015, Az.: 2 AZR 483/14, war ein in der Praxis häufig vorkommender Fall. Der Arbeitgeber beabsichtigte die persönliche Übergabe der Kündigung und legte sie vor der Arbeitnehmerin auf den Tisch. Diese hat die Kündigung jedoch weder angefasst, noch mitgenommen, sodass der Arbeitgeber am Folgetag die nochmalige Zustellung der Kündigung durch einen Boten veranlasste. Die Frage des Zustellungszeitpunkts hatte für den Rechtsstreit erhebliche Bedeutung, um die Wahrung der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage feststellen zu können.

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass der Zugang einer Kündigung unter Anwesenden auch dann bewirkt ist, wenn ein Schriftstück dem Empfänger mit der für ihn erkennbaren Absicht, es ihm zu übergeben, angereicht werde und, falls er die Entgegenahme ablehne, so in seiner unmittelbaren Nähe abgelegt werde, dass er es ohne weiteres an sich nehmen und von dessen Inhalt Kenntnis nehmen könne. Weigert sich der Arbeitnehmer alsdann das Schriftstück an sich und zur Kenntnis zu nehmen, kann er den Zugang der Kündigungserklärung nicht bestreiten, da ihm dies nach Treu und Glauben verwehrt ist.

Konsequenz für die Praxis

Der Arbeitgeber kann das Risiko eingehen, dass ein Arbeitnehmer die Entgegennahme einer Kündigung verweigert, wenn er darlegen und beweisen kann, dass die Kündigungserklärung so in die unmittelbare Nähe des Arbeitnehmers gelangt ist, dass er diese ohne weiteres an sich nehmen und von ihr Kenntnis nehmen konnte. Dieses Risiko wird der Arbeitgeber nur dann in Kauf nehmen können, wenn er einen Zeugen zur Übergabe der Kündigungserklärung hinzuzieht, der zuvor den Inhalt der Kündigungserklärung zur Kenntnis genommen haben sollte, für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Kündigungserklärung tatsächlich annimmt, da auch dann der Zugang der inhaltlich bestimmten Erklärung darzulegen und zu beweisen ist. Es wird in der Praxis jedoch ein Problem aufgrund der tatsächlichen Umstände anfallen können. So erscheint es nicht geklärt, wann gegenüber einem stehenden Mitarbeiter, der bspw. mit Händen auf dem Rücken die Annahme jeglichen Schriftstücks verweigert, ein hinreichender Zugang anzunehmen ist.

Wenn der Arbeitgeber den sichersten Weg wählen möchte, lässt er sich auf die vorstehend dargestellten Risiken nicht ein und stellt eine Kündigung fristgemäß mit Boten unter der Anschrift des Arbeitnehmers zu. Hierbei ist darauf zu achten, dass der Bote Kenntnis vom Inhalt des zugestellten Schriftstücks hat, damit er ggf. auch als Zeuge bekunden kann, dass tatsächlich eine Kündigungserklärung von ihm zugestellt wurde, sofern dies vom Arbeitnehmer bestritten werden sollte. Bei einer solchen Zustellung kann es sich empfehlen, den Arbeitnehmer über die Zustellung am selben Tag zu unterrichten, um Diskussionen über die Rechtzeitigkeit zu späteren Uhrzeiten zu vermeiden.

Nikolai Manke

Nikolai Manke

Rechtsanwälte Zimmermann & Manke

  • Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter
  • Fachanwalt für Arbeitsrecht
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Fachanwalt für Insolvenzrecht
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