Die Entscheidung der Kindeseltern zur Durchführung des Wechselmodells hat weitreichende Auswirkungen, die zwingend im Vorfeld der Entscheidung zu berücksichtigen sind:
Es erfordert zunächst die doppelte Anschaffung wesentlicher Bedarfsgegenstände, angemessenen Wohnraum bei beiden Eltern und ggf. nicht unerhebliche Fahrtkosten. Die Gerichte sprechen von sog. Wechselmehrkosten. Hinzu kommen sog. Opportunitätskosten, also die ‚Kosten‘ durch Einschränkung der Erwerbstätigkeit in der Kinderwoche, Ausfallzeiten bei Krankheit der Kinder und Zeit für die erforderliche umfassende Kommunikation mit dem anderen Elternteil.
Aus unterhaltsrechtlicher Sicht befreit das Wechselmodell von der einseitigen Barunterhaltspflicht desjenigen Elternteils, bei dem die Kinder nicht etwa die Hälfte der Zeit lebten. Dies gilt nur, wenn beide Elternteile etwa hälftige Anteile an der Erziehung und Betreuung der Kinder innehaben. Es gilt dann aber eine anteilige Barunterhaltspflicht beider Elternteile. Die Werte der Düsseldorfer Tabelle sind nur bedingt brauchbar, da die Wechselmehrkosten keine Berücksichtigung finden. Diese sind aber unbedingt in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen und auf die Bedarfswerte der Düsseldorfer Tabelle aufzuschlagen.
Bei dem Wechselmodell ist der Unterhalt – wie beim Volljährigenunterhalt – von beiden Elternteilen in bar zu leisten, anteilig nach den jeweiligen Einkommen. Erwirtschaftet ein Elternteil ein höheres bereinigtes Nettoeinkommen, ist dieser im Verhältnis auch zu einer höheren Unterhaltsleistung verpflichtet. Das Wechselmodell hat eklatante Auswirkungen auf den Unterhaltsvorschuss: Unterhaltsvorschuss ist nach dem Bundesverwaltungsgericht nicht zu gewähren, wenn das Kind auch durch den anderen Elternteil betreut wird und dies eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils darstellt.
Aus sozialrechtlicher Sicht führt die Ausübung des Wechselmodells dazu, dass beide Elternteile einen Anspruch auf die Hälfte des Alleinerziehungsmehrbedarfs haben. Ferner erhält das Kind jeweils für beide Aufenthaltsorte die halben SGB II Leistungen. Die Eltern können darüber hinaus beide das Kind bei einem Wohngeldantrag als Haushaltsmitglied angeben. Das Kindergeld steht beiden Elternteilen je zur Hälfte zu.
Aus steuerrechtlicher Sicht ist anzumerken, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nur von einem Elternteil geltend gemacht werden kann. Treffen die Eltern keine Bestimmung, bekommt der Elternteil den Entlastungsbetrag, dem auch das Kindergeld ausgezahlt wird. Auch nur diesem Elternteil steht die Steuerklasse II zu.
Empfehlung für die Praxis
Die Vor- und Nachteile des Wechselmodells sollten im Einzelfall gut abgewogen werden, jeweils unter Berücksichtigung des konkreten Kindes und der Kommunikationsfähigkeit der Eltern.
Bisher konnte das Wechselmodell nicht gegen den Willen eines Elternteils von einem Gericht angeordnet werden. Allerdings hat der Bundesgerichtshof kürzlich entschieden, dass das Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann, wenn das Kind nicht darunter leidet (BGH, Urteil vom 01.02.2017, Az: XII ZB 601/15). Die geteilte Betreuung muss dann dem Wohl des Kindes am besten entsprechen. Wenn die Eltern aber nach der Trennung extrem zerstritten sind, dürfte das Wechselmodell auch zukünftig nicht im Interesse des Kindes liegen, da die Umsetzung eine extrem gute Organisation und Kommunikation erfordert.
Rechtsanwältin Sibylle Wierling
Rechtsanwälte Zimmermann und Manke
- Rechtsanwältin (im Anstellungsverhältnis)
- Fachanwältin für Familienrecht