Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 05.10.2016 (Az: XII ZB 280/15) erneut die Rechte biologischer, d.h. leiblicher Väter gestärkt.

Grundsätzlich ist gemäß § 1592 Nr. 1 BGB derjenige gesetzlicher Vater eines Kindes, der mit der Kindesmutter zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet ist. Dies ist nicht zwingend auch der leibliche Vater des Kindes. Der Entscheidung des BGH lag folgender Fall zugrunde: die Kindesmutter war aus einer außerehelichen Beziehung schwanger geworden, beendete die Affäre jedoch bereits vor Geburt der Kinder (Zwillinge) wieder und kehrte zu dem Ehemann zurück. Der leibliche Vater der Zwillinge forderte von Geburt an den Umgang mit seinen Kindern. Die Kindesmutter und deren Ehemann, der gesetzliche Vater der Kinder, lehnten die Bitten des leiblichen Vaters jedoch vehement ab. Die heute 9-jährigen Kinder hatten keine Kenntnis davon, dass der gesetzliche Vater nicht ihr leiblicher Vater war.

Der leibliche Vater klagte bis zum Europäischen Gerichtshof und bekam dort im Jahr 2010 Recht. Daraufhin änderte der Gesetzgeber 2013 das deutsche Recht, stärkte die Rechte leiblicher Väter und räumte diesen grundsätzlich das Recht auf Umgang ein, soweit der Umgang dem Wohl des Kindes dient, § 1686 a BGB.

Mit dem zitierten Beschluss hat der BGH nun erstmalig zu der neuen Vorschrift ausgeführt und diese präzisiert. Die beharrliche Weigerung der Kindeseltern, den Umgang mit dem leiblichen Vater zuzulassen, mit der Begründung, das Umgangsrecht und die Kenntnis über die wahre Abstammung könnte die Kinder psychisch belasten, genügt danach nicht ohne Weiteres, um einen Umgang auszuschließen. Das Gericht habe vielmehr genau zu prüfen, ob tatsächlich Erwägungen des Kindeswohls zu einem Ausschluss führen müssen. Es sei bei hinreichender Reife der Kinder zuzumuten, diese über ihre tatsächliche Abstammung zu unterrichten und diese dann zu dem von dem leiblichen Vater gewünschten Umgang anzuhören. Weigern sich die Eltern, die Kinder zu unterrichten, steht es im Ermessen des Gerichts zu entscheiden, auf welche Art und Weise die tatsächliche Abstammung offenbart wird.

Konsequenzen für die Praxis

Das Recht des leiblichen Vaters auf Umgang mit dem Kind, welches nicht einmal Kenntnis über die tatsächliche Abstammung hat, ist durch EuGH, Gesetzgeber und BGH erheblich gestärkt, sodass die beharrliche Weigerung der Kindesmutter, Umgang zuzulassen, allein nicht ausreicht. Solange der Umgang mit dem leiblichen Vater dem Kindeswohl dient, besteht ein Anspruch darauf. Es müssten Gründe des Kindeswohls dem Begehren des leiblichen Vaters entgegensetehen, wobei hohe Anforderungen an die Prüfung dieser Frage zu stellen sind. Leibliche Väter sollten folglich bei Weigerung der Kindeseltern das Umgangsrecht unbedingt unter Bezug auf die Neuregelung des § 1686 a BGB und die aktuelle BGH-Rechtsprechung gerichtlich geltend machen.

Rechtsanwältin Sibylle Wierling

Rechtsanwältin Sibylle Wierling

Rechtsanwälte Zimmermann und Manke

  • Rechtsanwältin (im Anstellungsverhältnis)
  • Fachanwältin für Familienrecht
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