Mit Urteil vom 9. November 2023 (Az.: VII ZR 190/22) entschied der u. a. für das Bau- und Architektenrecht zuständige 7. Zivilsenat des BGH:

Eine Vereinbarung, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene, […] Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, ist wegen eines Verstoßes gegen das in § 3 RDG geregelte gesetzliche Verbot nach § 134 BGB nichtig. (Leitsatz)

Der Fall

Ein Architekt empfahl seinem Auftraggeber für die mit den bauausführenden Unternehmen zu schließenden Bauverträge eine Skontoklausel, die der Interessenlage des Bauherrn auch durchaus entsprach. Zudem hatte der Architekt – so zumindest sein Vortrag im Prozess – die von ihm entworfene Vertragsklausel zuvor noch einem Rechtsanwalt zur Prüfung vorgelegt.

Zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Dazu entschied der BGH, dabei habe es sich um eine unerlaubte Rechtsberatung durch den Architekten gehandelt, bei der es sich nicht um eine erlaubte berufsbildtypische Nebenleistung handele. Im Einzelnen verstieß der Architekt gegen § 3 RDG, denn insbesondere erlaubte die Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 Satz 3 HOAI (2009) die von ihm übernommene Rechtsdienstleistung weder unmittelbar noch mittelbar.

Danach erhält der Architekt ein Honorar für das „Mitwirken bei der Auftragserteilung“. Dazu meinen einige, der Architekt sei dadurch u. a. dazu verpflichtet, Verträge zu entwerfen usw. Dem erteilte der BGH eine klare Absage.

Zur Begründung verwies das Gericht u. a. auf die Normqualität der HOAI als bloßes materielles Gesetz (Rechtsverordnung), das als solches im Rahmen der Normenhierarchie unter dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) als formellem Gesetz steht. Das RDG entfaltet deshalb Vorrangwirkung. Daher ist nicht das Rechtsdienstleistungsgesetz unter Heranziehung der Honorarregelungen der HOAI auszulegen, sondern vielmehr ist umgekehrt bei der Frage der Auslegung von Anlage 11 Leistungsphase 7 h) zu § 33 HOAI Satz 3 (2009) zu berücksichtigen, dass es keine Vergütung für eine Verpflichtung geben kann, die nach § 3 RDG in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist (Rn 37).

Schließlich war die von dem Architekten übernommene unzulässige Rechtsdienstleistung nicht deshalb gerechtfertigt, weil er sich hinsichtlich der Skontoklausel der Hilfe eines Rechtsanwalts bedient hat: Die Einbeziehung eines Rechtsanwalts als Erfüllungsgehilfen zur Erbringung der Rechtsdienstleistung ändert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichts an der Unzulässigkeit der Rechtsdienstleistung und der Nichtigkeit der entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarung (Architektenvertrag) mit dem Auftraggeber.

Aber Achtung: Unabhängig davon müssen Architekten über nicht unerhebliche Kenntnisse des privaten (Werk- und Bauvertragsrecht des BGB, VOB/B u. a.) und öffentlichen Baurechts (Bauplanungs- und Bauordnungsrecht) verfügen und diese in ihre Beratung des Bauherrn einbeziehen, denn sie haben die Pflicht, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die mit dem Besteller vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Daran hindert das RDG einen Architekten auch nicht, der aber nicht mit einem (allgemeinen) Rechtsberater des Bauherrn gleichzusetzen ist.

Nicht mehr von dieser zulässigen beratenden Tätigkeit des Architekten erfasst ist das Zurverfügungstellen einer der Interessenlage des Auftraggebers entsprechenden Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern, denn diese rechtsgestaltende Tätigkeit geht über die typischerweise mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinaus.

Konsequenzen für die Praxis

Architekten sollten bitte keine weitergehende Rechtsberatung übernehmen (s. o.), insbesondere nicht damit anfangen, Bauverträge (auch keine einzelnen Klauseln dafür) zu gestalten. Sie schulden das nicht (nach der HOAI – Preisrecht! – ohnehin nicht, das gibt eine Auslegung der Leistungsbilder der HOAI nicht her) und können sich vertraglich nicht entsprechend wirksam verpflichten. Vielmehr sind entsprechende Klauseln in den Architektenverträgen wegen eines Verstoßes gegen das RDG nach § 134 BGB nichtig. Somit hilft es dem Architekten auch nicht, sich eines Rechtsanwalts als „Erfüllungsgehilfen“ zu bedienen (weil bereits die eigene vertragliche Verpflichtung nichtig ist – dann kann dem Architekten bei deren „Erfüllung“ niemand helfen, auch kein Rechtsanwalt).

Vielmehr sollten Architekten ihre Auftraggeber auf Sonderfachleute verweisen, denen es erlaubt ist, die benötigten Rechtsdienstleistungen zu erbringen – Rechtsanwälte z. B – und den Auftraggeber weiter darauf hinweisen, ansonsten auf eigenes Risiko zu handeln. Sämtliche Hinweise sollten Architekten dokumentieren, also dem Auftraggeber schriftlich übermitteln und sich den Zugang z. B. durch Empfangsbekenntnis bestätigen lassen.

Vor allem birgt eine unerlaubte Rechtsberatung durch Architekten nicht zuletzt für sie selbst ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko, denn dafür haften können sie dafür trotzdem oder gerade deswegen, sind dafür aber wohl nicht haftpflichtversichert.

Dr. jur. Christian Behrens LL.M.

Dr. jur. Christian Behrens LL.M.

Rechtsanwalt und Notar

  • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
  • Notar mit dem Amtssitz in Uelzen
  • Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg
  • Mitglied der ARGE Baurecht im DAV und der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V.
  • Ehrenamtlicher Richter des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs (AGH) in Celle

Weitere Informationen (Vita u. a.)

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