So können Besteller Werk- und Bauverträge kündigen
Inzwischen ist der zuletzt angekündigte zweite Teil meines Beitrags zur Kündigung von Werk- und insbesondere Bauverträgen auf bauprofessor.de erschienen: So können Besteller Werk- und Bauverträge kündigen. Das Thema ist unverändert komplex, zumal das BGB in § 648 ausschließlich für den Besteller die Möglichkeit vorsieht, einen Werk- oder Bauvertrag frei, also ohne Einhaltung von Fristen und ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Auf den ersten Blick mag das je nach Blickwinkel verlockend bis unfair klingen, kann aber nicht zuletzt für den Auftraggeber erhebliche Kostenrisiken bergen, daher will diese Form der Kündigung gut geprüft und wohl überlegt sein. Alternativen zeige ich in dem Beitrag auf.
Leider konnte ich das so theoretisch interessante wie praktisch relevante Thema der Kündigung angesichts – äh – redaktioneller Limitierungen nicht in der Tiefe und Breite behandeln, die es zweifellos verdient hätte. Daher habe ich mir erlaubt, ein ursprünglich vorgesehenes, später aber aus dem veröffentlichten zweiten Teil gekürztes Kapitel hier – also weiter unten – als „Bonus“ zu veröffentlichen.
Bonuskapitel: Kündigung bei Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 3 S. 2 BGB)?
Lediglich als Ausblick sei auf ein Urteil des KG vom 29.06.2022 (Az.: 21 U 126/21) hingewiesen: In seiner Entscheidung hatte sich das Gericht mit der Frage zu befassen, ob der Leistungsempfänger (hier unser Besteller) jedenfalls dann gemäß § 313 Abs. 3 auch zur Kündigung (und nicht nur zum Rücktritt) des Vertrages berechtigt sein kann, wenn die Gegenseite die ansonsten von dieser Vorschrift für den Fall einer Störung der Geschäftsgrundlage vorgesehene Anpassung des Vertrags nur zu für den Auftraggeber letztlich unzumutbaren Konditionen anbietet.
Im Ergebnis bejahte das Gericht diese Frage, allerdings hatte es nicht über Ansprüche aus einem Bau-, sondern einem einfachen Werkvertrag in Verbindung mit einem Mietvertrag zu entscheiden. Ein Mietvertrag wiederum begründet regelmäßig ein Dauerschuldverhältnis und genau für diese sieht der Abs. 3 S. 2 des § 313 das Recht zur Kündigung statt des ansonsten möglichen Rücktritts vor.
Es bleibt abzuwarten, ob und wie weit die zu dem konkreten Fall getroffenen Entscheidungen auch auf Bauverträge zu übertragen sind, was zumindest möglich scheint. Bislang hatte sich die Rechtsprechung in dem Zusammenhang eher mit der Frage zu befassen, ob der Auftragnehmer eine Anpassung des vertraglich vereinbarten Preises für den Fall einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 verlangen kann. Nun geht es aber um die hier noch nicht abschließend zu beantwortende Frage, ob u. a. der Auftraggeber auch einen Werk- oder Bauvertrag nach Abs. 3 S. 2 kündigen kann, wenn von keiner der Parteien zu vertretende Gründe (etwa Corona-Pandemie oder Krieg in der Ukraine) die Geschäftsgrundlage stören und eine Anpassung des Vertrags nicht möglich sein sollte oder einer Partei nicht zugemutet werden kann. Für diesen Fall ermöglicht Abs. 3 S. 1 den Rücktritt vom Vertrag, der aber – wie in dem ersten und zweiten Teil des Beitrags dargestellt – nicht immer Mittel der Wahl zur Erledigung eines Bauvertrags ist, der mitunter besser gekündigt werden sollte. Womit zwanglos der Bogen zurück zum ersten Teil geschlagen ist.
Dr. jur. Christian Behrens LL.M.
Rechtsanwalt und Notar
- Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
- Notar mit dem Amtssitz in Uelzen
- Schlichter für Baustreitigkeiten (SOBau)
- Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg
- Mitglied der ARGE Baurecht im DAV und der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V.
- Ehrenamtlicher Richter des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs (AGH) in Celle