Das OLG Celle stellte das nochmals mit Urteil vom 02.12.2015 (Az.: 7 U 75/15) klar. Die Entscheidung ist rechtskräftig (Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde; Bundesgerichtshof, Beschluss v. 01.06.2016, Az.: VII ZR 294/15).
Der Entscheidung des OLG liegen folgende Überlegungen zugrunde: Für Mängel haftet der (Bau-)Unternehmer grundsätzlich unabhängig davon, auf welchem Umstand der Mangel beruht, denn die Haftung für Mängel ist verschuldensunabhängig. Ein etwaiger Verstoß eines Nachfolgeunternehmers gegen eigene Prüfungs- und Hinweispflichten hinsichtlich des Vorgewerks, das der Beklagte erstellt hatte, wäre dem Bauherrn nicht als Mitverschulden anzurechnen (§§ 254, 278 BGB). Der Unternehmer kann eine Mitverantwortung des Bestellers für Mängel grundsätzlich nicht darauf gründen, dass der nachfolgende Unternehmer seine Prüfungspflicht verletzt hat, deshalb den Mangel des Vorgewerks nicht bemerkt hat und dadurch schließlich – insofern auf dem Mangel des Vorgewerks aufbauend – seinerseits nur mangelhaft erfüllte. Denn der nachfolgende Unternehmer ist im Verhältnis zu dem ersten Handwerker nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 2014, 6. Teil, Rnr. 75; BGH, Urteil vom 01. Juli 1971 – VII ZR 224/69 -, BGHZ 56, 312; OLG Frankfurt, Urteil vom 14. März 2011- 1 U 55/10 -, BauR 2011, 1506).
Allenfalls – so das OLG – könnten etwaige Pflichtverletzungen des Folgeunternehmers im Hinblick auf die Geeignetheit des Vorgewerks für die eigenen Arbeiten dazu führen, dass beide Unternehmer – gegenüber dem Bauherrn jeweils in voller Höhe – als Gesamtschuldner haften.
Konsequenzen für die Praxis
Zumindest aus Sicht des Bauherrn eine zu begrüßende Entscheidung des OLG: Erfüllt ein Bauunternehmer und – auf dessen bereits mangelhaftes Vorgewerk aufbauend – dessen Nachfolgeunternehmen nur mangelhaft, kann er beide evtl. sogar als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen. In jedem Fall aber in voller Höhe der für die Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten (und ggf. auf weiteren Schadensersatz), denn der Bauunternehmer kann dem Bauherrn kein Mitverschulden entgegenhalten, da er sich etwaige Pflichtverstöße des Nachfolgeunternehmers nicht zurechnen lassen muss.
Wer als Bauunternehmer das von ihm vertraglich geschuldete Bausoll nur mangelhaft erfüllt, sollte sich besser nicht darauf verlassen, dass ein ihm nachfolgender Unternehmer den Mangel in Erfüllung eigener Prüf- und Hinweispflichten bemerkt und den Bauherrn entsprechend darauf hinweist oder zumindest nicht seinerseits weiter mangelhaft erfüllt. Ein Verstoß des Nachfolgeunternehmens gegen diese Pflichten ist dem Bauherrn jedenfalls nicht als Mitverschulden zuzurechnen, da der Nachfolgeunternehmer im Verhältnis zum für das Vorgewerk zuständigen Unternehmer nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn ist. Dadurch haftet der Auftragnehmer im Verhältnis zum Auftraggeber in voller Höhe und kann den Nachfolgeunternehmer sodann allenfalls – bei gesamtschuldnerischer Haftung mit ihm – im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs in Anspruch nehmen.
Dr. jur. Christian Behrens LL.M.
Rechtsanwalt und Notar
- Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
- Notar mit dem Amtssitz in Uelzen
- Schlichter für Baustreitigkeiten (SOBau)
- Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg
- Mitglied der ARGE Baurecht im DAV und der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V.
- Ehrenamtlicher Richter des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs (AGH) in Celle