Der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk geht gem. § 1922 BGB auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten über. Diese haben Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte (BGH Urteil vom 12.07.2018, Az.: III ZR 183/17).
In der Vorinstanz hatte das Kammergericht Berlin im Urteil vom 31.05.2017 (Az. 21 U 9/16) noch die Frage offengelassen, ob nichtvererbliche, höchstpersönliche Inhalte vorlägen, die es auch den Erben verwehren könnten, Zugriff auf die Konten eines sozialen Netzwerks, im speziellen Fall die Facebook-Seite des Erblassers zu erhalten. Letztlich wurde die Entscheidung auf § 88 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) gestützt. § 88 TKG stelle die einfache gesetzliche Ausgestaltung des durch Artikel 10 Grundgesetz garantierten Fernmelde- bzw. Telekommunikationsgeheimnisses dar. Deshalb wurden den Erben der Zugriff versagt.
Dieser Auffassung ist der BGH nicht gefolgt. Danach ist der Erbe, da er vollständig in die Position des Erblassers einrückt, jedenfalls nicht „Anderer“ i.S.v. § 88 Abs. 3 TKG. Da die Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Stellung des Erblassers einrückten, haben sie einen Anspruch gegenüber Facebook, ihnen den Zugang zum Benutzerkonto des Erblassers und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten zu gewähren. Dies ergibt sich aus dem Nutzungsvertrag zwischen dem Erblasser und Facebook. Der Nutzungsvertrag ist im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben übergegangen. Die Vererblichkeit ist auch nicht durch die vertraglichen Bestimmungen ausgeschlossen.
Konsequenzen für die Praxis
Die Entscheidung des BGH macht deutlich, dass die Probleme des digitalen Nachlasses nicht bzw. selten in der rechtlichen Beurteilung liegen. Es gelten die erbrechtlichen Regelungen zur Gesamtrechtsnachfolge gem. § 1922 BGB. Die Probleme in der Praxis liegen darin, die theoretischen Ansprüche um- und durchzusetzen. Zunächst ist in geeigneter Form der Erbennachweis zu erbringen. In der BRD erfolgt dies mittels eines Erbscheins oder eines notariellen Testaments mit Eröffnungsvermerk des Nachlassgerichts.
Innerhalb der EU ist nach Artikel 62 ff. der EuErbVO ein europäisches Nachlasszeugnis erforderlich. Gem. Artikel 63 EuErbVO dient das europäische Nachlasszeugnis zur Verwendung durch Erben, durch Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass und durch Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter, die sich in einem anderen Mitgliedsstaat auf ihre Rechtsstellung berufen oder ihre Rechte als Erben oder Vermächtnisnehmer oder ihre Befugnisse als Testamtentsvollstrecker oder Nachlassverwalter ausüben müssen.
Vereinfacht kann der Zugriff auf den digitalen Nachlass durch sorgfältig gespeicherte und gesicherte Kennworte und ggf. die Anordnung einer Testamentsvollstreckung werden.
Johannes Zimmermann
Zimmermann & Manke Rechtsanwälte PartG mBB
- Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter
- Fachanwalt für Erbrecht
- Fachanwalt für Insolvenzrecht
- Fachanwalt für Steuerrecht
- Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)