Oftmals wird in Umgangsrechtstreitigkeiten durch einen Elternteil vorgebracht, dass das Kind den anderen Elternteil nicht sehen möchte und keinen Umgang mit ihm möchte. Ob diese Ablehnung durch das Kind vorgetäuscht ist oder ob es tatsächlich der Wille des Kindes ist, nicht mit dem anderen Elternteil den Umgang zu pflegen, muss vom Gericht ergründet werden. Hier gilt jedoch auch wenn das Kind den Umgang mit dem anderen Elternteil ablehnt, führt dies nicht zwangsläufig zu einer Versagung des Umgangsrechts. Jedoch darf der Kindeswille nicht einfach unbeachtet bleiben, da dies Auswirkungen auf die geistige Gesundheit des Kindes haben könnte. Um Gründe für die Ablehnung im Einzelfall genau zu erforschen, wird i. d. R. ein kinderpsychologisches Gutachten erforderlich sein. Ist der Kindeswille autonom, intensiv und stabil, wäre ein Übergehen dieses Kindeswillens in aller Regel kindeswohlgefährdend. Daher geht die Rechtsprechung davon aus, dass ab einem Kindesalter von ca. 11 Jahren eine Anordnung des Umgangs gegen den gefestigten Willen eines Kindes nicht mehr in Betracht kommt (OLG Schleswig, NZF 2016, 29).
Konsequenzen für die Praxis
Wie in sämtlichen Kindschaftssachen steht das Kindeswohl an oberster Stelle. Dennoch ist derjenige Elternteil, bei dem das Kind aufwächst verpflichtet, das Umgangsrecht zu fördern. Er ist ebenso verpflichtet, Einfluss auf das Kind auszuüben, damit es motiviert wird, den Umgang wahrzunehmen.
Anisha von Auenmüller
Zimmermann & Manke Rechtsanwälte PartG mbB
- Rechtsanwältin (im Anstellungsverhältnis)