Erfüllt ein Werkunternehmer den mit dem Besteller geschlossenen Werkvertrag, z. B. einen Bauvertrag nicht wie geschuldet, hat er grundsätzlich ein Recht zur Selbstvornahme der Nacherfüllung (s. § 635 Abs. 1 BGB: „… kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen …“).

Daraus folgt zugleich eine Obliegenheit (= eine den Schuldner treffende Last bei deren Verletzung er die daraus erwachsenden Nachteile, z. B. den Verlust von Rechten, hinnehmen muss) des Bestellers, dem Unternehmer die Ausübung dieses Rechts auch rechtzeitig und hinreichend sowie hinsichtlich aller gerügten Mangelsymptome bzw. -ursachen zu ermöglichen (s. dazu OLG Düsseldorf, Urteil v. 18. Dezember 2015, Az.: I-22 U 84/15, 22 U 84/15, juris). Unterlässt der Besteller das und beseitigt die Mängel des Werks selbst oder lässt sie von einem Dritten im Wege der Nacherfüllung beseitigen, ohne dem Unternehmer zuvor die Mängel des Werks hinreichend angezeigt und ihm eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, kann der Besteller die hierbei angefallenen Kosten nicht vom Unternehmer ersetzt verlangen: „Folge der Obliegenheitsverletzung des Auftraggebers durch Missachtung des Nacherfüllungsrechts des Werkunternehmers ist der vollständige Ausschluss jeglicher Ansprüche auf Schadensersatz bzw. Erstattung der Kosten der unberechtigten Ersatzvornahme“ (OLG Düsseldorf, a. a. O.).

Für einen späteren Rechtsstreit hat das ebenfalls erhebliche Konsequenzen: „Wird eine Kostenerstattungsklage erhoben, nachdem Mängel ohne ein vorheriges Nacherfüllungsverlangen [vom Besteller im Wege der Selbstvornahme, Verf.] beseitigt worden sind, trifft den Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast, dass der Unternehmer auch bei einem unterstellten ordnungsgemäßen Nacherfüllungsverlangen endgültig nicht mehr bereit gewesen wäre, den Mangel zu beseitigen. Das spätere Prozessverhalten des Unternehmers entfaltet in solchen Fällen regelmäßig keine Indizwirkung, soweit es sich nach den Umständen als „prozesstaktisches Bestreiten“ darstellt“ (s. o.).

Selbst wenn der Werkunternehmer sich mit der Nacherfüllung durch einen Dritten, z. B. eine andere Baufirma, einverstanden erklärt haben sollte, ist in jedem Einzelfall zu klären, worauf sich dieses Einverständnis konkret bezieht, zumal an die Annahme – konkludenter – Anerkenntnis- bzw. Verzichtserklärungen grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen sind.

Konsequenz für die Praxis

Besteller bzw. Auftraggeber sollten nicht vorschnell zur Nacherfüllung bzw. Selbstvornahme auf Kosten des Unternehmers greifen, da sie andernfalls mit diesen Kosten belastet bleiben könnten. Vielmehr muss vorab geprüft werden, ob eine Selbstvornahme der Nacherfüllung / Mangelbeseitigung auf Kosten des Auftragnehmers bereits in Betracht kommt oder ob dem Unternehmer zuvor noch Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben werden muss. Im Ausnahmefall kann die Selbstvornahme durch den Besteller unabhängig davon allerdings wirtschaftlich sinnvoll bzw. zur Abwendung eines andernfalls deutlich höheren Schadens sogar geboten sein, was nicht außer Acht gelassen werden sollte.

Dr. jur. Christian Behrens LL.M.

Dr. jur. Christian Behrens LL.M.

Rechtsanwalt und Notar

  • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
  • Notar mit dem Amtssitz in Uelzen
  • Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg
  • Mitglied der ARGE Baurecht im DAV und der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V.
  • Ehrenamtlicher Richter des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs (AGH) in Celle

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