Hatte sich zuletzt – wie im April berichtet – noch das Bundesverfassungsgericht mit der Reichweite von Überwachungspflichten des Inhabers eines Internetanschlusses befasst, stellte nun auch das OLG Köln in einem Urteil vom 16.05.2012 (Az: 6 U 239/11) fest, dass der Inhaber eines Internetanschlusses nicht generell für von seinem Ehepartner begangene Urheberrechtsverletzungen haftet.

Die beklagte Anschlussinhaberin haftete nicht als „Täterin“, denn die klagende Partei hatte ihre Täterschaft weder darlegen noch beweisen können. Zwar gelten hierfür gewisse Beweiserleichterungen, allerdings geht diese „sekundäre Darlegungslast“ der Beklagten

in der Regel nicht so weit, dass der Anschluss­inhaber durch eigene Nachforschungen aufklären müsste, wer Täter der Rechtsverletzung ist (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40).“ (OLG Köln, a. a. O., Rn. 10)

Zu den Grenzen der Aufklärungspflichten des Anschlussinhabers weiter das OLG:

Erst recht obliegt dem Anschlussinhaber nicht der Beweis des Gegenteils in dem Sinne, dass er sich bei jeder über seinen Internetzugang begangenen Rechtsverletzung vom Vorwurf der täterschaft­lichen Begehung entlasten oder exkulpieren muss. Die oben erwähnte – tatsächliche – Vermutung seiner Verantwortlichkeit beruht nämlich […] auf der Annahme eines der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Diese Annahme wird erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs – nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses – ergibt. Dafür wird es regelmäßig genügen, wenn Hausgenossen des Anschluss­inhabers – wie sein Ehegatte – selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können;“ (a. a. O., Rn. 11)

Das hatte die Beklagte vortragen und ihrer sekundären Darelgungslast damit genügen können. Nachdem eine Haftung als Täterin so ausgeschlossen werden konnte, blieb die Frage, ob die Anschlussinhaberin unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung haftet. Zu Recht geht das OLG in seinem Urteil davon aus, dass

die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben […]“ (a. a. O., Rn. 19)

Einschränkend setzt die Störerhaftung daher – so auch der BGH – eine Verletzung zumutbarer Verhaltens-, insbesondere von Prüfpflichten voraus:

Ob und inwieweit dem Störer als in Anspruch Genommenem eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat […]“ (a. a. O. mit weiteren Nachweisen)

In dem vom OLG zu entscheidenden Fall waren keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Inhaberin des Internetanschlusses wusste oder annehmen musste, ihr Ehepartner werde über den Anschluss Rechtsverletzungen begehen, die sie durch zumutbare Maßnahmen verhindern konnte. Insbesondere war nicht festzustellen, dass auch noch nach der Abmahnung durch die Klägerin Urheberrechtsverstöße unter Benutzung des Internetzugangs begangen worden waren.

Vor diesem Hintergrund stellte das OLG – zu Recht – fest:

Von einer anlasslosen zumutbaren Prüf- und Kontrollpflicht der Beklagten gegenüber ihrem Ehemann ist dagegen nicht auszugehen.“ (a. a. O., Rn. 22)

Erneut eine zu begrüßende Entscheidung, allerdings sind die vorliegend vom OLG Köln entschiedenen Fragen nach wie vor nicht höchstrichterlich geklärt, so dass das Gericht auch wegen der allgemeinen Bedeutung dieser Fragen die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat.

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