Auf das neue, am 1. Januar 2018 in Kraft tretende Bauvertragsrecht hatten wir bereits hingewiesen. Im Hinblick darauf soll bis dahin noch einmal vertieft die durchaus praxisrelevante Frage nach dem Anwendungsbereich des neuen Rechts behandelt werden:

Für wen gilt das neue Bauvertragsrecht bzw. bis wann ist ein Vertrag (noch) als

ab wann als

  • Bauvertrag im Sinne der neuen §§ 650a ff BGB n. F.

zu qualifizieren und welche Voraussetzungen müssen darüber hinaus erfüllt sein, damit ein

  • Verbraucherbauvertrag i. S. der §§ 650i ff BGB n. F.

geschlossen wird?

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ein Bauvertrag ist ebenfalls immer auch ein Werkvertrag (§ 631 ff BGB), für ihn gelten allerdings ergänzend die spezielle(re)n Bestimmungen der §§ 650a ff BGB.

In Abgrenzung zum einfachen Werkvertrag setzt der Bauvertrag als Vertragsgegenstand

„…die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon.“ (§ 650a Abs. 1 S. 1 BGB n. F.)

oder

„…die Instandhaltung eines Bauwerks […], wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist.“ (§ 650a Abs. 2 BGB n. F.)

voraus. Sprachlich ist der erste Satz etwas unglücklich formuliert, denn der liest sich, als bezöge sich „oder eines Teils davon“ ausschließlich auf die „Außenanlage“ – gemeint ist aber das Bauwerk.

Das Tatbestandsmerkmal „Bauwerk“ wird weit ausgelegt, daher stellt sich vor allem hinsichtlich der „Teile“ eines Bauwerks die Frage, ob tatsächlich jede Werkleistung mit Bauwerksbezug in das neue Bauvertragsrecht einbezogen werden soll – oder eben nicht. Die Begründung des Gesetzgebers dazu gibt nicht viel her, allerdings wollte der das wohl gerade nicht, denn er wollte spezielle Vorschriften für eine interessengerechte und ökonomisch sinnvolle Gestaltung und Abwicklung von Bauverträgen schaffen, die regelmäßig auch technisch komplex und auf längere Erfüllungszeit angelegt sind (vgl. BT-Drucks. 18/8486, S. 1, 2, 25, 26; beides illustriert der BER inzwischen eher unfreiwillig komisch geradezu mustergültig, aber das nur am Rande).

Zur Abgrenzung kann vorläufig auf die bisherige Rechtsprechung zu § 634a BGB abgestellt werden, die für „Arbeiten an einem Bauwerk“ eine wertende Grenze gezogen hat: Danach sind Teilleistungen eines Handwerkers Arbeiten bei einem Bauwerk, wenn sie sich derart auf ein bestimmtes Bauwerk beziehen, dass bei wertender Betrachtung die Feststellung gerechtfertigt ist, der Unternehmer habe bei dessen Errichtung mitgewirkt (s. z. B. BGH, Urt. v. 9.3.2004, Az.: X ZR 67/01; Knifka/ders., ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 12.12.2017, § 650a Rn. 14).

Geringfügige Werkleistungen dagegen, die für Konstruktion oder Gebrauchstauglichkeit eines Bauwerks nicht von wesentlicher Bedeutung sind, sollen nicht unter das neue Bauvertragsrecht fallen, denn das wäre angesichts der damit verbundenen Rechtsfolgen geradezu kontraproduktiv: So hätte z. B. jeder Bauhandwerker selbst für kleinere Maßnahmen, wie den Anstrich einer Mauer, das Anbringen einer Außenlampe, das Auswechseln eines Heizkörpers usw., z. B. einen Anspruch auf Gewährung einer Sicherung nach § 650f BGB n. F. (vgl. Knifka/ders., ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 12.12.2017, § 650a Rn. 28). Von anderen Rechten (z. B. gemeinsame Zustandsfeststellung, § 650g BGB n. F.) oder auch Pflichten (prüffähige Schlussrechnung , § 650g oder Baubeschreibung, § 650j BGB n . F. wird sogar ein Verbraucherbauvertrag angenommen) ganz zu schweigen. Die Anwendung des Bauvertragsrechts auch auf solche Leistungen würde die Abwicklung kleinerer Maßnahmen allerdings unnötig erschweren und letztlich verteuern – was der Gesetzgeber gerade nicht wollte.

Bleibt die Frage, warum der Gesetzgeber den Anwendungsbereich in Abs. 1 nicht ähnlich deutlich einschränkte wie in dem die Instandhaltung regelnden Abs. 2 der Vorschrift (s. o.).

Zusammenfassend betrachtet, wird das Tatbestandsmerkmal „Bauwerk“ weit ausgelegt, allerdings führt nicht jede noch so geringfügige Werkleistung mit Bauwerksbezug zum Abschluss eines Bauvertrages. Vielmehr bleibt es beim einfachen Werkvertrag, was auch interessengerecht, da im Interesse von Auftraggeber und Unternehmer gleichermaßen ist.

Handelt es sich allerdings um eine „wesentliche“ Werkleistung zumindest mit Bauwerksbezug und damit um einen Bauvertrag, der darüber hinaus mit einem Verbraucher im Sinne von § 13 BGB geschlossen werden soll, stellt sich weiter die Frage, ob die Parteien dann auch zwangsläufig einen Verbraucherbauvertrag schließen. Die Verbrauchereigenschaft alleine reicht dafür nicht aus. Vielmehr muss der Vertrag den Unternehmer entweder zum „Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude“ verpflichten. Doch Vorsicht: Ersteres meint den Neubau eines gesamten Gebäudes „aus einer Hand“, also durch einen Generalunternehmer (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 23.3.2017, Az.: 16 U 153/16). Verträge über Bauleistungen nur eines Gewerkes dagegen fallen selbst dann nicht unter § 650i Abs. 1 BGB, wenn die Bauleistungen für die Errichtung eines neuen Gebäudes bestimmt sind (Knifka/Retzlaff, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 12.12.2017, § 650i Rn. 8).

Ähnlich wie bei der Frage nach der „Wesentlichkeit“ (s. o.) stellt sich in dem Zusammenhang die Frage nach der „Erheblichkeit“ der von einem Verbraucher beauftragten Umbaumaßnahme. Für sie muss das voranstehend zum Bau eines gesamten neuen Gebäudes ausgeführte erst recht gelten: Möchte ein Verbraucher ein Gebäude umbauen lassen und schließt dafür Verträge mit unterschiedlichen Unternehmern über jeweils ein Gewerk, liegen daher bereits keine Verbraucherbauverträge vor. Beauftragt er dagegen nur einen Unternehmer als Generalunternehmer mit dem Umbau, kommt es auf Umfang und Komplexität der Arbeiten sowie auf das Ausmaß des Eingriffs in die bauliche Substanz an (BT-Dr. 18/8486, S. 61; Knifka/Retzlaff, a. a. O., § 650i Rn. 9). Als Faustregel kann vorläufig darauf abgestellt werden, ob die Umbaumaßnahme so erheblich bzw. umfangreich ist, dass sie dem Neubau eines Gebäudes praktisch gleichkommt, z. B. bei völliger Entkernung eines Altbaus, von dem nur die Fassade erhalten bleibt.

Zusammenfassend betrachtet hat der Gesetzgeber eine Stufenleiter von drei Werkvertragstypen über Bauleistungen geschaffen (vgl. BT-Dr. 18/8486, S. 59):

  1. Werkvertrag über „unwesentliche“ Bauleistungen gemäß § 631 ff BGB
  2. Bauvertrag über „wesentliche Bauleistungen“ gemäß §§ 650a ff BGB
  3. Verbraucherbauvertrag über „erhebliche“ Bauleistungen gemäß §§ 650i ff BGB

Konsequenzen für die Praxis

Ob ein Werkvertrag über Bauleistungen als Werkvertrag über „unwesentliche“ Bauleistungen, als Bauvertrag über „wesentliche Bauleistungen“ oder gar als Verbraucherbauvertrag über „erhebliche“ Bauleistungen zu qualifizieren ist, hat wegen der damit jeweils verbundenen Rechtsfolgen erhebliche praktische Auswirkungen: Nehmen die Parteien die Hürde zum Bauvertrag, gelten zusätzlich zu den §§ 631 ff BGB die Bestimmungen des neuen Bauvertragsrechts (§§ 650a ff BGB). Beauftragt darüber hinaus ein Verbraucher den Neubau oder erheblichen Umbaus eines Gebäudes durch einen Generalunternehmer, schließen die Parteien darüber hinaus einen Verbraucherbauvertrag, für den weiter ergänzend künftig die neuen §§ 650i ff BGB gelten.

Dr. jur. Christian Behrens LL.M.

Dr. jur. Christian Behrens LL.M.

Rechtsanwalt und Notar

  • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
  • Notar mit dem Amtssitz in Uelzen
  • Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg
  • Mitglied der ARGE Baurecht im DAV und der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V.
  • Ehrenamtlicher Richter des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs (AGH) in Celle

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